Seitenwind

Fotobuch

Innsbruck, Mai 2019
Mit diesem Fotobuch zum Fest der Bücher und des Lesens am 28.Juni 2019
feierte die Aep Frauenbibliotheke ihr 40-jähriges Bestehen  1979-2019.

 

Seitenwind Bildershow in der Innsbrucker Stadtbibliotheke

 

Bildershow
Die Bildershow im Foyer der Innsbrucker Stadtbibliothek im September 2019
blätterte durch das Fotobuch „Seitenwind“.

Seiten im Wasser

 

Alle einzelnen Fotos des Buches Seitenwind ansehen

 

Einleitungstext im Buch

Was alles mit Büchern gemacht werden kann ….
Diesen Denkanstoß und den Freischein ihn zu erweitern, sowie ein paar beispielhafte Titelideen übergab mir Auftraggeberin Monika Jarosch (Juristin, Obfrau der Frauenbibliotheke AEP, Herausgeberin der AEP Zeitschrift).
Sie stellte sich skurrile, humorvolle Fotos vor.

Was für ein vergnüglicher Auftrag.
Danke, Monika Jarosch.
Danke, Lisa Gensluckner (Geschäftsführerin AEP).

Ich fotografierte und sinnierte dann drauflos, Bildideen ohne Titel, Titel ohne Bildideen. In Gesprächen mit Freundinnen bekam ich auch die eine oder andere Idee geschenkt.

Dafür danke ich:
Monika Jarosch für ihre Bildidee ein Buch ausführen — wie ein Hunderl. Während der Aufnahmen fiel ihr auch schon der passende Titel dazu ein: Buchführung. Mit zwei Hunderl, sagte sie, wäre es dann die Doppelte Buchführung.
Sofort war sie auch bereit als Darstellerin für die Parkbankidee mitzuspielen. Die Ambivalenz zwischen Nickerchen und einer gesunden Watsche der Schlagseite, war so überzeugend, dass ein Parkbesucher erschrocken im Spazierschritt innehielt, bis er mich mit Kamera hinterm Baum entdeckte.

Bei einem gemütlichen Glaserl im gerade windigen Garten von Gabi Plattner (Geschäftsführerin Tiroler Frauenhaus) plauderten wir über Bildideen, u.a. von fliegenden Seiten im Wind. Spontan war sie bereit, den Wind auf der Stelle zu nutzen und für die Aufnahme Buchseiten in Windstöße zu werfen. Anschließend fand sie den Titel Seitenwind. Beim Abschied fiel ihr ein weiterer lustiger Titel ein: BücherEi.
Darüber hinaus zwickte sie sich mitten in ihrem sehr dichten Arbeitsprogramm ein paar Minuten Bürozeit ab und posierte in ihrem Büro für Buchdruck, wobei sie sich kaum verstellen musste. Noch immer Mai und gerade wieder beim Tröpfeln knipsten wir schnell am Marktplatz in Innsbruck das Offene Buch und die Büchernärrin.
Aufmerksam beriet sie mich auch bei der Fertigstellung des Buches und verpasste zu guter Letzt noch einer Fotografie die Eselsohren.

Eine große Hilfe war mir auch Sieglinde Schauer (Reitlehrerin) von deren Handstandfreuden in freier Natur ich wusste. Für sie war es ein Leichtes, auf einem instabilen Bücherstapel anstatt einem Pferderücken im Handstand zu stehen. Sie nannte ihn den Buchstand. Nachdem wir Variationen mit dem Buchstapel fotografiert hatten, assistierte sie mir noch für überbucht. Dafür legte ich mich mit der Kamera ins Feld, und sie warf Hände voll Bücher hoch in den Himmel, die dann auf mich niederprasselten. Ein ganz neues Erlebnis. Dafür gibt es bestimmt auch einen Titel.
Für die Buchmacherin ging sie mit mir zu ihren Pferden und verteilte Bücher zum Spielen. Als sie spontan daraus vorlas, drängten sich gleich zwei Pferde interessiert an sie, hörten aufmerksam zu und wollten am liebsten auch selber fotografieren.

Anna Maria Mackowitz (Germanistin und Malerin) formulierte beim Anblick der Pferdefotos das Schulbuch um in Rezension, fand Titel wie seitenweise und den Bücherberg.

Ein freundlicher Bauer half mir, als ich für Bücherei an seine Hoftür klopfte, wo ich schon einmal beim Vorbeifahren Hunderte Hendln auf der Wiese herumgackern und picken sah. Ich durfte fotografieren. Er gab mir auch praktische Verhaltenstipps, um die Hennen nicht zu verschrecken. Peter Schwaiger (Goggei Freilandeier) schenkte mir für die Aufnahme drei seiner Goggeier mit Federchen und schickte für mich seine Hühnerschar extra früher auf die Wiese.

Meine mich wie immer unterstützende Schwester Waltraud Gasteiger legte mir den Bücherwurm in das Ohr und viele neue Ideen.

Diese und andere Ideen muss ich bleiben lassen.
Was Bücher alles können und wir mit ihnen machen können, ist schier grenzenlos und unbeschreiblich.

 

 

 

Seegras am Strandeswellen

lese zeichen zeichen lese

Fotografie – Wort – Klang
Performance
2009 Mai 14. Fotoforum West
Konzept, Projektleitung, Organisation, Fotografie: Monika K. Zanolin.

Gefördert von der stadt|potenziale 08 des Kulturamtes Innsbrucks.

lese zeichen, plakat

.

Konzept
sehen – fotografieren – interpretieren

In der Zeit der analogen Fotografie vor 2000, galt das Bild noch als authentischer Beweis der Realität – es dokumentierte scheinbar objektiv, wie ein Objekt oder eine Person im Moment des Auslösens aussah. Besonders Pressefotografien besaßen einen hohen Stellenwert in Fragen der Glaubwürdigkeit.

Obwohl jedem bewusst ist, dass ein Foto stets nur einen winzigen Teil des sichtbaren Geschehens abbildet, konnte es in bestimmten Fällen sogar als Beweismittel vor Gericht dienen. Zeitungen verwenden Fotografien als Mittel, um ihre Interpretation eines Ereignisses zu bestätigen und zu festigen. Wir können nicht beurteilen ob das eigentlich Relevantere im Umfeld vielleicht übersehen wurde oder gar absichtlich weggelassen wurde.

Mich interessierte vor allem der Ausschnitt als Teil eines Gegenstandes und der Umgebung. Das inspirierte mich zu dem Projekt Lese Zeichen Zeichen Lese.
Ich dachte: Wenn ein Foto doch recht glaubwürdig ein Stück Realität abbildet, dann geschieht ähnlich Gleiches wenn wir uns im täglichen Leben Umsehen. Das Auge sieht – wie die Kamera – stets nur einen kleinen Teil des Gesichtsfeldes scharf. Das Gefühl real seine Umwelt wahrzunehmen, entsteht fortlaufend nur mit ausgewählten oder zufälligen Bild-Fragmenten. Je nachdem, ob wir aufmerksam den Kopf auch zu den verschwommenen Details aus den Augenwinkeln wenden (wollen/können), erfassen wir mehr oder weniger Bedeutsames.

Das Zusammenfügen dieser einzelnen Blicke wollte ich fotografisch nachbauen, indem ich Ausschnitte eines Gegenstandes fotografiere und sie willkürlich zu einem anderen Ganzen ordne. Auf eine analoge Weise mache ich damit etwas Ähnliches wie KI: ich verfremde die Realität und erzeuge etwas Neues, das so eigentlich gar nicht existierte. Selbst wenn ich die Nahtstellen der Fragmente erkennbar lasse, sie aber umordne, entsteht eine andere Bedeutung.

Diese montierte Einheit wollte ich an Musikerinnen als Inspiration für eine kurze Komposition weiterreichen. Auch Schriftkünstlerinnen sollten dasselbe Bild bekommen und etwas schreiben.

Was bleibt oder was wird aus meinem interessierten Blick auf einen Gegenstand wenn andere ihn übernehmen? Diese drei Blicke wollte ich in einer Vernissage zusammenführen. Mal sehen, was daraus entstehen wird.

Ich begann, meine „fragmentierte Wahrnehmung“ fotografisch festzuhalten: Aus der Natur suchte ich mir Motive, die mich ansprachen, hielt sie in kleinen Serien fest und montierte ausgewählte Bilder. Das Ergebnis waren Kompositionen, in denen die Kanten der einzelnen Fotos teilweise verschwanden und benachbarte Fragmente sich zu einer stimmigen Einheit fügten.

.

Vom Teil zum Ganzen – der Prozess der Verbindung
Blick – Wort – Klang

.

Der Blick

In kleinen Serien fotografierte ich Naturdetails, immer mit derselben Brennweite und im rechten Winkel. Die fertige Montage lässt meist offen, welche Betrachtungsweise als die „richtige“ gilt.

Das Wort

Die Schriftstellerinnen Petra Maria Kraxner, Petra Nachbaur und Erika Wimmer erhalten je zwölf Kopien der Montagen, auf deren Grundlage sie unabhängig voneinander schreiben.
Die Aufgabe der Schriftstellerinnen war es, einen Text an einem der vier Seitenränder zu platzieren – jeweils an jener Seite, die sie für die richtige hielten. Vorgegeben war eine Textlänge zwischen 100 und 700 Zeichen. Die Texte der Autorinnen montierte ich an die jeweils gewählte Seite des Bildes. Auf diese Weise entstanden bis zu drei verschiedene „richtige“ Ansichten der Montage, je nachdem, welchen Text man lesen wollte.

Der Klang

Auch das Ensemble fem.art.core, Christine Abdel-Halim, Gabi Plattner, Tanja Schärmer und Ingrid Wild, waren eingeladen, sich die Fotomontagen auf interpretative bzw. inspirative Weise anzueignen. Die einzige Vorgabe war eine maximale Dauer von 180 Sekunden.

.

Performance

Es bestand kein Austausch zwischen den Schriftstellerinnen und den Musikerinnen von fem.art.core. Vor der Performance wussten sie nichts über die unterschiedlichen Weisen, die Bilder zu lesen – was darin entdeckt, ausgelassen, hinzugefügt oder hineininterpretiert wurde.

In der Veranstaltung im Fotoforum West erlebten alle Projektbeteiligten zum ersten Mal die Verknüpfung sämtlicher Interpretationen – sowohl visuell als auch akustisch.
Hinter den Lesetischen liefen Projektionen der Bilder, während die Musikerinnen von fem.art.core daneben ihre Instrumente aufgebaut hatten und zu jeder „Nummer“ ihr Stück spielten. Die Autorinnen lasen ihre Texte selbst, nur für Petra Nachbaur übernahm Irene Tischler die Lesung.

Obwohl völlig unabhängig voneinander entstanden, formten Wort, Klang und Fotografie eine Einheit, die zugleich überraschend stimmig und begeisternd war.

.

Galerie Lesezeichen Zeichenlese

05 lese zeichen, Ausschnitt

.

 

.

Bilder Texte Musik

 

eins

fem.art.core

fem.art.core

01_lesezeichen B

hinein ins werk! noch sitz ich still. schreibblättre in kollegens tonstuben da aus mir nichts fällt. naturporträts sie schmeicheln meinen augen. doch bilder öffnen niemals mir nichts dir nichts mir das hirn sie kommen direkt mir im herzen an. stock pfeile nadeln splitter > blatt kreuze bänder gitter. konturauswahl ahoi
Erika Wimmer

JU       sie brodelt sie wirft blasen sie brabbelt sie brummt vor sich hin sie zieht die alternativnahrungskette in einem schlurft durch
die blutlaufbahn eines jahrzehnts plusquamperfekt trifft futur im präsens daselbst schlüge sie luftwurzeln doch das düngemittel wurde
hinuntergespült      LI      sie panscht sie schlaucht sie strudelt vor sich hin sie beizt das puppillenschwarz aus dem schlitz ihres
verharrens präsens erahnt futur präsens jagt empfundenes plusquamperfekt die getriebenen wurzeln siffen im gully dahin      KA
Petra Maria Kraxner

01_lesezeichen

Besonders am Rande
Am Rang herber Fernkunde, pionierhaft vertragen
beschienenes Dasein vorwiegend dabei
sein im Grunde verschiedener Atem.
Natürlich kann jeder das aufnehmen:
vom Geschmack her leicht grau sogar Licht.
Richtungslinien seltsamer Codes
sekundenherzlich – jahrelang runtergekommen
ausgedehnte Rückenlagen von keinem Bild.
wenn man älter wird
Branchen Abraum, Verlassenschaften, Leafelets
Nadeln, die kein Schneider benutzen möchte
Zusatzstoffe im Wesen
Was bleibt vom Zusehen befüllter Wunsch?
Petra Nachbaur

______________

zwei

fem.art.core

fem.art.core

Betonmauer mit Moos und eingeritztem Graffiti

sie müssen sag ich mich ergreifen.
doch dann! im anblick striche eine schrift. die
wörter fallen mitten aus der mitte.
schreibkegeln und streichtrüben sich auf
planken holz wie holz. gebändigter beton
mag sein. das farbprofil ist konvertiert
und adam komm! die gattung > setzt sich
fort > > > drei federn ziern die grade rille.
Erika Wimmer

HA      sie ist punk ihr haar stutzt ihre brust schnürt ihr kleiderschrank schmückt sich mit einer rosaroten hundedecke attacke der
abend ist panisch      N      ein drauflosziehen lockte mit dauerultraviolettstrahlung eine sekunde später spieen schlacken- und
aschenkegel organismus einfluss mischpoke träufelten teergleich über rosa über rot über das damals ist ein ort an dem das glitzern
nicht war      N      punk und butch sie ist butch ihr haar klebt ihre stimme stutzt ihr hund spannt einen rosaroten sonnenschirm      AH
Petra Maria Kraxner

Horizontal Jahresringe zum Vermählen
von Epochen … geglimmt an den
Stab, quasi Oxidation aus Leidenschaft
Montage für Montage: Die alte Anschrift
Zeigt Furchen gibt’s beispielsweise
Schalung aus Überzeugung aus Entschlossenheit
schwache Gegend, aber nicht unendliche
Geduld paradiesisch
fern
Petra Nachbaur

_______________

drei

fem.art.corefem.art.core

03_lesezeichen, Seegras im Fluss und Leine

diese spielerin! warf sie im ersten bild
noch blaue hölzer aus so zurrt sie sich auf
einmal fest. in jenem farbgeschluder
schwimmeiern und grasquargeln sich die
hundert tausend spiegel eines himmels.
und schwarzgrün sammelt sich der tang
ihrer bekannt schönen bucht. geh fort >
erinnerung! > > > sonst wedle ich dich ab.
Erika Wimmer

03_lesezeichen, Seegras im Fluss und Leine

Gespiegelt am xten Achtel das Quartett
in die Riemen, Wellenschliff rhythmische
Hektik, frühmorgens gewiefte Spritzer
Von verdrängter Reimbibliothek.
Schau auseinander diese Felder, dann lass zu
Die SCHLAGZAHL wie von Geisterhand
Vierer ohne Steuermann
Das ergibt diesen Facetten-Klang, soft
zerklirrt im Fenstergleichen
RAHMENLOS
als wären sie versunken
Petra Nachbaur

JA    sie lugt unter einer lampe hervor sie trägt aluminiumdose weiter nichts sie tankt aus einem nackenkrater rückengraben becken-
krug sie schläft unter einem schattendach eine kaulquappe schwimmt in ihrem gefäß sie schneidet den raum in zwei etagen sie trägt
mickey-mouse- kopfhörer weiter nichts sie suhlt über einem fingerspreizen fingerspitzen fingergleiten sie taucht in einem deckenteich es
tropft orkantief emma im innenhof regenklopfen bäumebiegen fensterdunkeln graublitzgrau ein eisbein schmilzt in ihrem bauch    NA
Petra Maria Kraxner

_______________

vier

fem.art.corefem.art.core

04_lesezeichen, gestrandeter Seetang

MA      sie liegt bewusstlos inmitten gespaltener sonnbergkerne eine melodie malt
sich unterschenkelaufwärts stirnabwärts innenschenkeleinwärts jemand überschüttet
sie mit luft schlangen kräuseln um ihre kehle jemand schaut fern dann
lustig dann wieder fern übertönt ihr zu sich kommen     RI      sie schreckt die verknotung aus
ihren gliedern wohnt ein grelles klangwerk inne sie tiriliert sie quinkeliert ihr schrei
löscht die skizzen der lichtlosigkeit jemand bringt sauren stoff taschen tücher platz-
en in ihre faust rammt die stimme ins schloss jemand schaut hin und verfällt        TA
Petra Maria Kraxner

04_lesezeichen, gestrandeter Seetang

Als wenn’s sturmfrei heranrollen sollte
jäh benommen, vom Unwetter, wie?
Zwölf Meilen weggekanntet
Bestandsentnahme
Petra Nachbaur

04_lesezeichen, gestrandeter Seetang

vergesse alles alte hole aus nach mehr.
einzoomen oder auszoomen alleweil so.
und stechen bürsten schnäbeln wird‘s
mich ohnehin. das trockene gestrüpp auf
kretischem gebirg und nichts als steine.
sie hat die kleinen > aufgetürmt > die
großen an den rand gerollt. doch holpert
das gefährt > > > bedrohlich heult es auf.
Erika Wimmer

 

______________

fünf

fem.art.core fem.art.core

05_lesezeichen, strandwellenbewegtes Seegras

ein reifen dreht sich leer. die sonne glüht
herab und hitzig schnellen die gedanken.
wasser! magnetisch lasso hoch! vielleicht
ein kühles bier. das aufgewühlte meer zeh
schlingert und schaumkrönt den sand.
dort drüben weit > > der schatten jenes
fabelhaften baums. wie muss ich darben
dürsten da ich müde nach dem dorfe > >.
Erika Wimmer

NA      sonst sagt sie meist nichts ihre maskierung trägt das label nonchalance einst stapelte sie schmutz
staub sudeleien bis ihr der schmelzmond februa das sammelwerk in einem tusch verheerte sie starb und spros
als nigelnagel      N      sie ist die neue reinigungsgeneration ihr synonym misses proper polar- frische sie
strahlt im straßengrau wortkarg wohlriechend wirkungsvoll ein skelett überwintert in ihrem bauch      NA
Petra Maria Kraxner

Und es ist nicht so kalt, wie es fließt,
und im Overall ans Ufer.
Wind ist hier wie wo oft dabei;
halb kann es glasig sein, halb spitzenartig:
handwerklich so wie aus seichter Gerüchte-
küche. Kein ganzer Fuß übersieht deren
Wasserfeldschnitt, wenn nicht Hockney träumte.
Schaum tritt auf
herausfordernd röchelnd …
Petra Nachbaur

 

________________

sechs

fem.art.core  fem.art.core

06_lesezeichen, Sand, Menschenspurenn

Leise kann ich nicht sagen
genauer gesagt nicht hören;
Es rieselt gesungen, verklungen
Pfoten griffen da rein
Auf der Schwelle des Fremden
Körnung und Spuren in den Gezeitenzonen
belichtet als vom Himmel hängend
eher meditatives Stranden
Petra Nachbaur

05_lesezeichen, Sand, Spuren

doch dort ist nichts. die bar ist zu der wirt
entschlafen. bei tropfen klopfen und
entspannen falle ich ins lila traumland.
erschöpft im sandsturm ausgepumpt. es
rette sich wer kann. pipetten zauberstäb
vermögen dies doch in den kratern nisten
teufel. und auf den > > bergen apern > >
noch mehr > > > > > gletscher leichen aus.
Erika Wimmer

KRI      sie ist die bleiernste von allen an ihr hat sich so manches geschlecht das mundfleisch wundgebissen das ist ihr
braunschweiger drei tage tot und überhaupt wird ihr das auch in den kommenden tierkreiszeichen braunschweiger sein     S
sie ist der gewählte wendepunkt eine programmatische sicherhebung sie rumort in so mancher übererläuterung un
überhaupt ist sie nach drei tagen scheinsterben seit jeher wie menschenindoktrinationsmasse wiederauferstiegen     TA
Petra Maria Kraxner

 

___________________

sieben

fem.art.core fem.art.core

06_lesezeichen, Wasserpflanzen

DE      sie ist eine hermaphroditische hauptflüglerin die hingabe war allenfalls ein gegenstand bis schließlich die busfahrerin der linie eins
durch ihr verstoßen gegen den paragrafen sechs der beförderungsbestimmungen in dekolleté-paranoia geriet sie wurde aufgrund der
sicherheitsgefährdenden ablenkung zum fahrauftrag dezimiert      BO      durch axel-springerisches tohuwabohu avancierte sie zur be-
zaubernden yogini augenblicklich praktiziert sie die auflösung unter einem blattdach am fuße des höhenzuges das weichen des wollens      RA
Petra Maria Kraxner

die andern tun indes unschuldig grün. im
hintergrund ihr blattgelause hufgeraschle
dazu der klassisch becher gift! doch
wieder tonwertkorrektur. im stillen
lachen wir: seit jeher bergen sich die
schänder mörder trickser unter linden
grünsten zweigen. > > zum narren doch!
drei sonnen > steigen an den küsten wo.
Erika Wimmer

06_lesezeichen, Wasserpflanzen

Irritationsblättrig,
das ist wie Blicke einsammeln:
verlockendes Neuerliches
in einer Einspielung gekrönter Formengeschichte,
klassische Konstruktionselemente unbesorgt
übersetzt etwa: im Bedrängnismoment
verwachsen, enorm kalt gezackt –
optisch sogar an Federn erinnernd,
abgeschossen im Leuchten vorm Schatten recht
flatternd offenkundig grässlich vor echter Welkung
inszeniert.
Petra Nachbaur

_______________

acht

fem.art.core fem.art.core

08 lese zeichen

MA      sie ergötzt sich an laugengetränken sie gebärt wöchentlich ein kind eine backfischbande ist
ihr untertan lippengift die munition sie ist die mutter der geschlachteten kälber sie verschifft verweste exklusiv-
gegenstände ihr netz ist ihr name saragossa sardinien rumänien kenia guatemala el salvador sammelstelle lettland
sie handelt zeitentsprechend balanceverloren hängt sie auf dem hotel-lobby-gynäkologen-hocker      RA
Petra Maria Kraxner

 

Lösende Absichten können
teilbar sein bevor es da steht
Blockbruch
da liegt
im Unwesen des momentan Wuchtigen
Unblutsvermutung, Anflechtungen
d
r
a
u
f
angezeichnet wie geblitzt
Petra Nachbaur

08_lesezeichen

bei lachs bei retsina. die bloßen füße
decken den noch warmen schiefer.
orange ist die terrasse braun die hand. sie
strichpresst farbzieht mir die zärtlich
keiten. die wange zuckt wir sinken weit
und trudeln auf dem grund der nacht. die
welt ist niemals extrahiert. die gegenwa
> > winkt langsam langsam ein > > passè.
Erika Wimmer

______________

neun

fem.art.core fem.art.core

09_lesezeichen

und wieder schlaf. gewaschen mit den
wassern eines traums. so schlingert alles
überflüssige dahin. die dinge tauchen
hoch zuletzt die einmal waren. volk
sammeln sich blauschwärmen aus ein
letztes mal. danach ist ebene gelöscht.
ein stöckchen schwimmt > > im mondlicht
fort > > > fischottern drehen sich im kreis.
Erika Wimmer

Rascheln:
In günstiger Gelegenheit
Assoziationen wirken arrangiert
Wie künstlich angeordnet
Verdecken wie Stoffe, diese KATE-
GORIE à la kindlichem Huschen
unvermutet verkleidet wie Ophelia
treibend innerhalb von
Interpretation
Petra Nachbaur

09_lesezeichen

FRI      sie lebt in einem blauen haus es raschelt bänder fäden wurzeln
dröhnen aus dem kamin in stahl gegossene knopflöcher sie erinnert sich an
eine offene wunde krachende stangen um einen bus das klirren der fenster
scheiben bohren sich durch gehörgangslöcher sie radikalisiert ihr selbstbild
mit samtkleid stahl besticktes gipskorsett sie trennt sich von ihrem kassetten-
abspielgerät sie reißt sich die ohren aus und scheißt auf die hitlist      DA
Petra Maria Kraxner

_____________

zehn

fem.art.core fem.art.core

07_lesezeichen, Dornen

Sind Ähnlichkeiten aus tiefer Gutgläubigkeit
defensiv ist die, wie Frisuren schwarz
ist zu auffällig mein HAIN, there where the dog
Dickicht ist angenehm verlässlich
es ist weit, es gibt Zöpfe wie Teig
spielt keine Rolle; die Dateien
verflochten als mitfeiernde Dornendrehung
Petra Nachbaur

07_lesezeichen, Dornen

AL      ja sie ist so ein koryphäenfressender busch ihre fähigkeit ist der fallenbau einfangen oder verdauen die beute sortiert sie mit abnehmender intensionstendenz in den klebefallen klappfallen saugefallen sitzen die zwei gustavs sowie manch anderer eindringungsanwärter mit aussicht auf trauschein ohne namensmitnahme fest einen halben weltkrieg später fällt franz in die fallgrubenfalle aufgrund glatter innenwände und kleiner räume wird kein entkommen angenommen schlimmeres gilt für oskar er bleibt in der erheblich komplizierter konstruierten reusenfalle hängen so eine pinselstichige patsche aber auch      MA
Petra Maria Kraxner

07_lesezeichen, Dornen

es dörrt. es grieselt unter tag es staubt
ein muster. der brand im körper ist enorm
ob all dem braun gewurl. millionen käfer
und skorpione laufen. beerkupfern und
heckstarren auf. viel rot > > > am rand
gesammelt kündet mit auswahlrechteck
oder pinsel den schmerz das blut mir an.
> > es klingt wie kleben > nicht wie leben.
Erika Wimmer

________________

 elf

fem.art.core fem.art.core

10 lese zeichen

NO      sie ist jupiters sekretärin sie kocht keinen kaffee sie teilt zu teilt aus teilt ein sie kocht keinen tee
keinen kakao keinen espresso zwischen zwölf und zwei raucht das archiv auf das sie achthabt später wird höhere gewalt
zu energiegetränken gesponnen eiswasser saccharose glucose guaraná taurin es sind ausschließlich synthetische farb-
aroma- mineral- süßstoffe zugelassen sie hand sie habt sie handelt sie raubt stephen kings schlaf        NA
Petra Maria Kraxner

nun ihr delirium ist’s nicht meins. sie ist
es die bei griechen haust nicht ich. wie
soll man es? mehr vertikal kopfüber oder
platt gelegt? egal. die farben schimmern
ohne alles und wie blank die lust. sie
nassflockt glaspumpt sich > > doch nie
umsonst. die lacke mögen sich entleeren
ein junger mann sitzt dennoch an der tür.
Erika Wimmer

Vergossene Zementhimmel von der Seite:
Als wenn Luft drückte ins Zeug
Klanglos diese Schildschaften – kommen
wie dicke Luftschichten, hohes System
von Lasuren von SCHALL un
rauchrauhen daher – gegenwärtig außen
den feinen Umrissen gehorchen die
kleineren Punkte in ihrer cry
otherMalen Vergangenheit unter jetzt sichtbarem
Substanzverlust. Kampflose Erosionen
Komplex GOLDEN
All das machte ihre Zeit; vergehen
Verlaufen
Petra Nachbaur

_______________

zwölf

fem.art.core fem.art.core

12 lese zeichen

AUS           irgendwie hat sich das hochg efühl von ihr abgewendet sie atmet aus die ämter sindnicht die schuld es ist die dürre der tage
das allmähliche dehydrieren der synapsen      T     doch das will sie sich nicht eingestehen es sind immer die behörden das amt ist
die klagezone jammerkammer weinkrampffläche formulare sind keine freunde             I            da wird sie nicht drum herum kommen
scharfsinn schützt vor sozialinstanz nicht von wegen ganz im gege nteiles bleibt ein entwässertes etwas zurück kapseln bestickt     NA .
Petra Maria Kraxner

 

 

12 lese zeichen

Wenn die Käfer die richtige Stunde einlösen
dann löschen sie die Lichtungen.
Verblühen im Kreislauf ist MODERN
Mikroben sehe ich sicher keine, wenn ich bohre
Kerne, ich wollte sie nicht zählen:
auch wird Zucker gespalten
in corpore insano antizipierend
hinter die Flächen: Melancholie
a
u
c
h
Oszillation kann ich verstehen.
Die Woche hat ihre Gärten vergessen –
Coupons könnten darunter liegen
Petra Nachbaur

apfel rose zwei drei beeren. das hand
werkzeug und > der geruch von erde. ich
hab die schuhe an ich will jetzt gehn. das
bild im spiegel sagt mir nichts. ich kehr zu
nummer eins dreh eifrig meine scheiben.
zierflechte einen teppich dreier kunst
gedanken. fruchtpunkte euch die sprache.
aus der affäre > > > glücklich raus mit mir!
Erika Wimmer

_____

Kein Teppich für den Duce

Kunstdokumentation

November 2004, Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum Innsbruck
Installation fotografiert im Auftrag der Künstlerinnen.
Malerei: Anna Maria Mackowitz und Gitti Schneider
Hörstück: Erika Wimmer

 

 

Text aus dem Hörstück von Erika Wimmer

“kein teppich für den duce_zeigt her eure füsse, zeigt her eure schuh”
Das Ausrollen des Teppichs für einen skrupellosen Machthaber ist ironische Geste und eine Aufforderung, die Geschichte zu begehen: spielerisch, der Wahrheit verpflichtet und erhellend. Geschichte ist nicht nur dort, weit zurück in der Vergangenheit oder bei den anderen, sie ereignet sich hier und jetzt.
Die Installation rollt dem „duce“ keinen roten Teppich aus. Vielmehr schafft sie einen Raum, in dem beobachtet, registriert, gehört wird. Wer ist der „duce“ und wie ist sein Schritt? Was ebnet ihm den Weg? Im Gewebe aus Stimmen, Meinungen und Haltungen, im Spiel mit Belanglosigkeit und Hintersinn verschwimmen die Grenzen zwischen Macht und Abhängigkeit…

er kommt nicht unvermittelt. er kündigt sich an. er ist schon da und nähert sich schleichend. im allgemeinen schweigen macht er sich platz. er weiß das achselzucken zu nutzen. während andere nur reden, handelt er. während andere streiten, schart er um sich. er spricht eine einfache sprache und hat schnelle lösungen in der tasche. er verkörpert das machbare und verleiht sicherheit. er gewinnt gut und regiert schlecht und wenn er nicht gestorben ist, so lebt er heute noch // er wird verschwiegen und zu einem mythos. dadurch erscheint er fremd. damit ist er fort und weg. dann hat es ihn nie gegeben. es hat ihn nie bei einem selbst gegeben. manche vergessen ihn und kennen sich nicht aus. man will sich nicht erinnern. man will nicht dabei gewesen sein. er ist das bedauerliche, das geschehen ist. er ist das letzte, was hätte geschehen dürfen. als ausgestoßener kommt er so sicher zurück wie das amen im gebet…